Toskana mit Musse entdecken – Kultur, Landschaft und Genuss auf einer individuellen Rundreise
Wir nehmen uns Zeit für eine Reise durch die Toskana – bewusst, und genussvoll. Unsere Route führt uns in vier charaktervolle Regionen: durch die Weinlandschaft des Chianti Classico, ins weite, sanfte Val d’Orcia, an die naturbelassene Küste der Maremma und in die ruhige Lucchesia rund um Lucca. Unterwegs erleben wir italienische Lebensart abseits des Trubels: stille Dörfer, gepflegte Biketouren, regionale Küche und Unterkünfte mit Atmosphäre – nicht alle makellos, aber stets mit Charakter. Ein Zwischenhalt in Parma macht den Auftakt – und am Ende blicken wir zurück auf eine Reise voller Eindrücke und Einsichten.
Unterwegs ins Herz der Toskana
Ein Zwischenhalt in Parma
Unsere diesjährigen Frühlingsferien führen uns nach Italien – genauer: in die Toskana. Eine Region, über die viel geschwärmt wird. Viel gehört haben wir, viel gelesen. Nun wollen wir uns selbst ein Bild machen – unvoreingenommen, mit offenem Blick. Vier Orte haben wir dafür ausgewählt: das Chianti-Classico-Gebiet bei Siena, die sanften Hügel des Val d’Orcia im Süden, die wilde Küste der Maremma rund um Castiglione della Pescaia und die Lucchesia im Norden, nahe bei Lucca.
Um die Reise entspannt zu beginnen, legen wir einen Zwischenhalt in Parma ein. Das Grand Hotel de la Ville bietet Parkplätze – ein unschätzbarer Vorteil – und liegt so, dass wir das Zentrum in rund fünfzehn Minuten zu Fuss erreichen. Für das Nachtessen haben wir einen Tisch in der Osteria dei Servi ergattert. Einer der letzten draussen – Glück gehabt. Pasta, Fleisch, ein Glas Wein – dazu die Stimmen um uns herum, das Treiben auf der Gasse. Es ist unser erster italienischer Abend, und wir geniessen ihn in vollen Zügen.
Am nächsten Morgen bleibt noch etwas Zeit. Es ist Sonntag – Markttag. Wir schlendern durch die Altstadt, lassen uns treiben, gönnen uns einen Espresso in einem kleinen Café. Parma wirkt lebendig, aber nicht überladen – ein angenehmer Auftakt zur Weiterreise.
Auf Nebenwegen Richtung Süden
Der Zwischenstopp in Parma hatte nicht nur Charme, sondern auch einen praktischen Nutzen: Wir müssen nicht die schnellste Route nehmen, sondern können landschaftlich schöne Strassen wählen. Zur Vorbereitung haben wir uns mit einer Strassenkarte ausgerüstet – die Route planen wir analog, führen sie dann mit Google Maps aus.
Ab Bologna folgen wir der SS65, die uns durch den Apennin Tosco-Emiliano führt – eine deutlich abwechslungsreichere Strecke als die weiten, eher monotonen Ebenen der Emilia-Romagna. Die Landschaft wird kurviger, waldreicher, bergiger. Der geografische Übergang in die Toskana erfolgt irgendwo oberhalb von Florenz landschaftlich zunächst kaum wahrnehmbar. Erst nach Florenz, als wir Richtung Siena fahren, ändert sich das Bild. Die Landschaft öffnet sich, wird heller, die Formen weicher. Es ist, als hätte jemand den Vorhang zur Toskana gelüftet.
Im Herzen des Chianti
Wir fahren entlang der Chiantigiana, der SR 222 – eine Strasse, die das Chianti-Gebiet von Florenz bis Siena durchquert. Bei Greve verlassen wir die Hauptachse und weichen auf Nebenstrassen aus. Die Strecke wird ruhiger, aber nicht weniger eindrucksvoll. Panorama reiht sich an Panorama: sanfte Hügel, geometrisch angelegte Rebzeilen, silbrig schimmernde Olivenhaine. Dazwischen tauchen immer wieder Dörfer auf, Weingüter und vereinzelte Burgen.
Die letzten Kilometer führen uns über „strade bianche“ – staubige Schotterwege, typisch für diese Gegend. Hier beginnt das Chianti, wie wir es uns vorgestellt haben. Irgendwann erreichen wir ein schmiedeeisernes Tor. Wir klingeln, es öffnet sich. Eine Allee aus Zypressen nimmt uns in Empfang. Der erste Eindruck? Mehr als vielversprechend.
The Club House — ein Ort mit Atmosphäre
Das The Club House liegt im Süden des Chianti, etwa zwanzig Fahrminuten nördlich von Siena – abgeschieden, aber gut erreichbar. Als das Hauptgebäude in Sicht kommt, huscht ein Grinsen über unsere Gesichter. Die Fassade, das Licht, die Stille – all das wirkt wie eine Einladung zum Verweilen. Wir werden freundlich empfangen und dürfen bald darauf das Resort entdecken.
Die Anlage ist weitläufig, aber nicht überladen. Die Einrichtung geschmackvoll, der Service unaufdringlich aufmerksam. Wir nehmen Platz in der Lounge und gönnen uns den ersten Apéro – mit Blick über Reben, Olivenbäume und eine Hügellandschaft, die sich wie gemalt vor uns ausbreitet.
Unser Zimmer liegt in einem der Nebengebäude. Kein Luxuspalast, aber ein grosser, schön gestalteter Raum mit eigenem Patio. Zwei Liegen, ein Tisch – und nichts als Ruhe und Vogelgezwitscher. Wir fühlen uns vom ersten Moment an wohl.
Biketour Vagliagli — Cignano
Nach einem feinen Frühstück auf der Terrasse des Hotels – kein Buffet, sondern à la carte – machen wir uns bereit für unsere erste Biketour. Wir verlassen das Resort und folgen schmalen Nebenstrassen und Feldwegen, die sich durch die Hügellandschaft ziehen. Ziel sind die kleinen Ortschaften Vagliagli und Cignano, beide still, charmant und auf ihre Weise typisch für das ländliche Chianti.
Ein Teil der Strecke führt über die bekannten „strade bianche“ – jene weissen Schotterpisten, die landschaftlich reizvoll sind, fahrtechnisch aber ihre Tücken haben. Besonders, wenn uns Fahrzeuge begegnen: Der aufgewirbelte Staub legt sich nicht nur auf die Strasse, sondern auch auf uns. Kein Drama, aber auch kein Genuss. Zum Glück sind solche Passagen eher kurz.
Ausflug nach Siena
Am zweiten Tag unseres Aufenthalts zeigt sich das Wetter von seiner zurückhaltenderen Seite. Statt einer weiteren Biketour entscheiden wir uns spontan für einen Ausflug nach Siena. Sicherheitshalber nehmen wir den Veloträger vom Wagen – die Parkplatzverhältnisse in italienischen Städten sind meist nicht auf grosszügige Fahrzeugmasse ausgelegt. An der Rezeption empfiehlt man uns den Parcheggio San Francesco – ein guter Tipp, wie sich zeigt. Zwar müssen wir kurz warten, bis ein Platz frei wird, doch der Zugang zur Altstadt ist komfortabel: Eine mehrteilige Rolltreppe führt direkt hinauf zur Basilica di San Francesco.
Von dort aus schlendern wir durch die Gassen der Stadt, vorbei an kleinen Geschäften und engen Strässchen, bis zum Duomo di Siena. Die Fassade wirkt eindrucksvoll – weiss, filigran, reich geschmückt. Im Innern dagegen überrascht der Dom mit seiner Düsternis. Man spürt die Geschichte, aber auch die Spuren der Zeit. Eine behutsame Auffrischung täte ihm gut.
Eine löbliche Ausnahme bildet die Biblioteca Piccolomini, die sich als eigener, lichter Raum an der Nordseite des Doms öffnet. Ihre Wände und das Tonnengewölbe sind über und über mit Fresken geschmückt – leuchtend, erzählend, fast überbordend in ihrer Detailfülle.
Siena? Kann man sehen – muss man aber nicht. Für uns bleibt es ein Ausflug ohne bleibenden Nachhall.
Biketour mit Hindernissen
Am dritten Tag heisst es Abschied nehmen – unsere Reise führt weiter südwärts, nach San Casciano dei Bagni. Doch vorher wollen wir noch eine letzte Biketour unternehmen, die wir bereits im Voraus geplant haben. Nach einem guten Frühstück – und einem tiefen Seufzer angesichts der Aussicht – lassen wir unser Gepäck beim Empfang und brechen auf.
Der Weg führt uns zunächst über die vertrauten weissen Schotterstrassen, bis zur ersten Abzweigung – ein Weg, der zu einem Weingut führen soll. Das Tor steht offen, wir fahren weiter. Doch am Ende der Strecke: ein geschlossenes Eisentor. Umkehren. Es ist nicht das erste Mal, dass eine vermeintlich öffentliche Route plötzlich im Nichts endet. Wir kennen das Spiel bereits.
Zurück auf der Strasse wird die Tour abwechslungsreicher. Ein schmaler Waldweg, ein Singletrail, führt uns durch ein kleines Tal. Komoot zeigt sich in dieser Umgebung wenig zuverlässig – wir verfahren uns, finden aber schliesslich den Weg zurück. Dann, nach wenigen Metern: ein eierndes Vorderrad. Platten. Und das Reparaturset? Liegt sicher verstaut – in der Schweiz.
Wir besprechen die Optionen: Einer fährt zurück zum Hotel, oder wir rufen an. Die Verbindung ist lückenhaft, doch mit Unterstützung eines Einheimischen gelingt es uns, die Rezeption zu erreichen. Per WhatsApp übermitteln wir unseren Standort. Es dauert, aber nach rund dreissig Minuten erscheint unser „Retter“ – ein Mitarbeiter des Resorts, mit dem hauseigenen Shuttle. Zehn Minuten später sind wir zurück beim Hotel und holen mit dem Jeep unsere Velos ab.
Zeit bleibt nicht mehr viel. Doch genug für ein letztes Mittagessen auf der Terrasse – noch einmal diese Weite sehen, das Grün, das Licht. Wir wissen schon jetzt: Dieser Ort wird schwer zu übertreffen sein.
Val d’Orcia – die Toskana in ihrer Weite
Auf dem Weg zu unserer nächsten Unterkunft in San Casciano dei Bagni legen wir einen Zwischenstopp bei einem Fahrradmechaniker ein. Freundlich und unkompliziert repariert er den platten Reifen und zeigt uns den Übeltäter – ein Dorn. Wir sind dankbar für diesen Service. Ein herzliches Dankeschön an Chianti Bike Life.
Anschliessend führt uns die Route über kleine Nebenstrassen nach Montepulciano und weiter in die südliche Toskana. Die Landschaft verändert sich: Von den bewaldeten Hügeln und Weinbergen des Chianti hin zu den offenen, sanft geschwungenen Feldern des Val d’Orcia. Jetzt im Frühling leuchtet das junge Getreide sattgrün, dazwischen führen ikonische Zypressenalleen schnurgerade auf einsame Landgüter zu – die klassische Toskana-Kulisse.
Entlang der SP 146 reiht sich ein Fotospot an den nächsten – und mit ihnen eine ganze Parade an Selfie-Posern. Möchtegern-Influencer stellen sich in Szene, als wäre gerade dieses Bild noch nicht hundertfach gepostet worden. Die Szenerie ist zweifellos eindrucksvoll – aber in ihrer Dauerverwertung auch ein wenig entzaubert.
Hotel Fonteverde – nicht was wir erwartet haben
Das Fonteverde liegt etwas ausserhalb von San Casciano. Die Auffahrt wirkt imposant, doch der Glanz vergangener Tage ist spürbar. Das Hotel mit angeschlossener Therme entspricht nicht unseren Erwartungen. Weder das Zimmer noch das Restaurant erreichen das Niveau eines „Leading Hotels of the World“. Auch die Tatsache, dass Gäste zum Frühstück in Bademantel und Badehose erscheinen, trägt nicht zu unserem Wohlbefinden bei. Unsere Erkenntnis: Bei künftigen Buchungen von Thermenhotels werden wir deutlich kritischer sein.
Biketour Castel Fighine
Für den heutigen Tag haben wir eine neue Tour geplant. Vom Hotel aus führt der Weg nach San Casciano dei Bagni, anschliessend geht es auf der Naturstrasse steil bergauf – hinauf zum Castel Fighine, einem imposanten, etwas entrückten Ort über den Hügeln. Oben angekommen entdecken wir das Ristorante Castello di Fighine – ein Gourmetlokal. Spontan reservieren wir einen Tisch fürs Abendessen.
Die Talfahrt bringt uns nach Piazze – mit dem Wissen im Hinterkopf, dass der Rückweg wieder bergauf führen wird. Der Anstieg ist stellenweise fordernd, aber angenehm schattig, denn er verläuft durch einen dichten Wald. Im lichten Unterholz plötzlich Bewegung: eine Rotte Wildschweine. Der Eber grunzt uns laut und deutlich an. Wir verstehen – und treten zügig in die Pedale. Ein intensiver Moment, der uns noch eine Weile begleitet.
Kulinarik im Castello di Fighine
Den Nachmittag lassen wir verstreichen – mit Lesen, Musik und dem Blick in die Weite. Am Abend machen wir uns auf den Weg zurück zum Castel Fighine. Das Ristorante Castello di Fighine, mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, überrascht positiv: Neben den klassischen Degustationsmenüs wird auch eine À‑la-carte-Option angeboten. Gut so – die Mehrgänger sprengen längst unsere Kapazitäten.
Auch mit drei Gängen, ergänzt durch kleine Grüsse aus der Küche, kommen wir an unsere Grenzen. Doch was serviert wird, ist in jeder Hinsicht überzeugend: fein abgestimmt, sorgfältig angerichtet, geschmacklich präzise. Der Service ist aufmerksam, ohne Attitüde – elegant, aber entspannt. Zwischendurch eine Küche auf diesem Niveau zu erleben, das ist und bleibt etwas Besonderes.
Biketour zwischen Toskana, Umbrien und Latium
Ein weiterer Biketag steht an – diesmal führt uns die Route ins Grenzgebiet der Regionen Toskana, Umbrien und Latium. Die Strecke ist abwechslungsreich: Schotter, Pfade, Abschnitte durch lichten Wald. Immer wieder eröffnen sich Blicke in die Ferne – dieses Dreieck hat Charakter. In der Hoffnung auf eine Bar oder ein kleines Restaurant machen wir einen Abstecher nach Trevinano. Der Ort liegt schön – leicht erhöht, mit Aussicht. Doch gastronomisch: Fehlanzeige. Es gibt eine Osteria, diese scheint aber seit geraumer Zeit geschlossen zu sein. Ob das daran liegt, dass Trevinano administrativ nicht mehr zur Toskana gehört? Auf dem Rückweg haben wir noch einen Feldweg eingeplant – ein letzter Trail zum Abschluss. Doch nach der Hälfte wird es schwierig: tiefe, verschlammte Fahrrinnen, zugewachsenes Buschwerk. Wir steigen ab, kehren um und nehmen die Strasse zurück zum Hotel.
Über den Monte Amiata in die Maremma
Ein Zwischenhalt in Radicofani
Unsere Fahrt zur dritten Destination in der Toskana, dem Hotel L’Andana bei Castiglione della Pescaia, führt uns quer durch die Region – von Osten nach Westen, durch wechselnde Landschaften. Über schöne Nebenstrassen erreichen wir Radicofani, ein kleines, charmantes Dörfchen. Es ist kurz vor Mittag, und aus den Restaurants strömen einladende Düfte, die uns beinahe zum Bleiben verleiten. Doch wir sind noch nicht hungrig und setzen unseren Weg fort.
Über den Monte Amiata
Die Strecke führt uns weiter in das Gebiet des Monte Amiata, einem erloschenen Vulkan und mit 1.738 Metern der höchste Berg der Region. Kurve um Kurve schlängeln wir uns durch Kastanien- und Buchenwälder hinauf, bis zur Talstation eines alten Sessellifts. In der Osteria 101, ein rustikales Haus, finden wir noch einen Tisch. Die Küche ist einfach, ehrlich, gut: Brotsuppe & Pasta. Wir erfahren, dass der Sessellift bei Schnee noch immer in Betrieb ist – und dass das Gebiet ein Paradies für Wanderer, Biker und im Herbst für Kastanienliebhaber sei.
Ankunft im L’Andana
Nach zwei weiteren Stunden Fahrt erreichen wir unser Ziel: das L’Andana Resort bei Castiglione della Pescaia. Die schmiedeeisernen Tore öffnen sich, und eine Allee aus Zypressen und Pinien führt uns zum Haupthaus – eine Szenerie, die an die grossen toskanischen Landgüter vergangener Zeiten erinnert. Tatsächlich war das Anwesen einst die Sommerresidenz von Großherzog Leopold II. von Toskana.
Der Empfang ist herzlich. Unser Zimmer liegt in einem Nebengebäude mit Terrasse – doch die Realität bleibt hinter dem ersten Eindruck zurück. Das Zimmer wirkt weniger frisch als erwartet, die Terrasse zwar grosszügig, aber wenig gepflegt. Rote Sandmilben auf Liegen und Stühlen machen es uns unmöglich, den Aussenbereich zu nutzen. Das Frühstück in der Gartenanlage des Haupthauses bildet die wohltuende Ausnahme in einer sonst eher ernüchternden Erfahrung.
Biketour: Naturschutzgebiet Diaccia Botrona & Castiglione della Pescaia
Am nächsten Tag zeigt sich das Wetter erneut freundlich – ideal für eine Biketour. Wir starten zu einer Rundfahrt, die uns zuerst ins nahegelegene Feuchtgebiet Diaccia Botrona führt. Die Landschaft ist flach, die Wege angenehm zu fahren. Entlang des Naturschutzgebiets beobachten wir Flamingos, wie sie durchs Wasser schreiten und nach Nahrung suchen.
Von dort geht es weiter nach Castiglione della Pescaia, einem der bekanntesten Badeorte der Toskana. Wir meinen uns zu erinnern, hier vor vielen Jahren mit der Familie einmal Herbstferien verbracht zu haben. Sicher ist: Das Zentrum mit der Burg hat seinen Charme bewahrt. Der Ort wirkt belebt, aber jetzt anfangs Mai nicht überlaufen. Im Skipper Beach Club bekommen wir auch nach zwei Uhr noch einen Tisch. Wir bestellen einen Teller mit frittiertem Fisch – schlicht, knusprig, gut. Genau das, was wir jetzt brauchen. Danach fahren wir auf Nebenwegen zurück zum Hotel.
Ausflug zur Halbinsel Monte Argentario
Es ist kühler geworden, der Wind deutlich spürbar – ideal für eine Erkundungstour mit dem Auto. Unser Ziel: die Halbinsel Monte Argentario. Ausgehend von Porto Santo Stefano umrunden wir die Halbinsel auf der Strada Panoramica. Die Strecke führt durch hügeliges Gelände, immer wieder öffnen sich weite Blicke aufs Meer.
Ein rund vier Kilometer langer Abschnitt im südlichen Teil ist nicht asphaltiert, besteht aus Schotter und ist eher etwas für geländetaugliche Fahrzeuge. Aber ja – der Name der Strasse ist Programm. Das Meer leuchtet in Türkis, die Küste zeigt sich wild und rau. Die beiden Hauptorte Porto Santo Stefano und Porto Ercole lassen wir aus Zeitgründen aus.
Auf dem Rückweg machen wir Halt in Talamone, einem kleinen Küstenort am südlichen Rand des Maremma-Naturparks. Direkt am Hafen finden wir eine Bar, trinken etwas und spazieren anschliessend durchs Dörfchen. Kein Ort für grosse Worte – aber nett.
Villa Casanova – ein stilvoller Abschluss in der Lucchesia
Unsere vierte und letzte Etappe führt uns in die Lucchesia. Die Bezeichnung leitet sich direkt von der Stadt Lucca ab und umfasst das ländliche Umland, das sich zwischen den Apuanischen Alpen und dem Tyrrhenischen Meer ausbreitet.
Die SS439 bringt uns über Pomarance und Pisa – von weitem erkennen wir den schiefen Turm – zur kleinen Ortschaft Balbano. Kaum zu glauben, dass nur wenige Kilometer von der Autobahn entfernt stille Ortschaften im Grünen liegen.
Ganz hinten im Tal erhebt sich die Villa Casanova, ein kleines Hotel mit nur 14 Zimmern. Unser Zimmer ist fast ein Apartment: grosszügig, lichtdurchflutet, mit hohen Decken und einem abgetrennten Sitzbereich. Wir fühlen uns sofort wohl. Die Crew ist sehr nett, und wir geniessen bei kühlen Temperaturen ein tolles Nachtessen im Aussenbereich. Wir sind erleichtert, dass wir am Ende doch noch eine zweite gute Hotelerfahrung machen können.
Ausflug an die Küste
Am nächsten Morgen regnet es, und die Temperaturen sind spürbar gefallen. Gut, dass wir ein schönes Hotelzimmer haben – so fällt uns die Decke nicht auf den Kopf. Am Nachmittag wagen wir einen Ausflug Richtung Küste, unterhalb von Viareggio. Wir spazieren ein Stück dem Strand entlang. Ein bagno nach dem anderen reiht sich an der Küste, ein Traktor pflügt den Sand um – der Abfall wird dabei gleich mit eingegraben. Vieles wirkt bemüht gepflegt, aber wenig einladend.
Wir fahren weiter nach Forte dei Marmi. Dort parken wir und suchen ein Restaurant mit Blick aufs Meer – vergeblich. Die meisten Lokale, die zu den bagni gehören, sind wetterbedingt geschlossen. Zudem sind grosse Teile des Strandes mit Sichtschutz abgeschirmt – von der Flaniermeile aus ist vom Meer nichts zu sehen. Der Zugang wirkt reglementiert, fast ausgeschlossen. Wir verlassen diese für uns unerfreuliche Umgebung. In Zukunft, so nehmen wir uns vor, werden wir Badeorte mit flächendeckender bagno-Vorherrschaft konsequent meiden.
Zurück in der Villa Casanova erfahren wir, das der Koch ist erkrankt, ein Abendessen im Hotel ist daher nicht möglich. Uns werden zwei Restaurants in der Nähe empfohlen – das Il Borghetto del Castello und die Osteria Le Terme. Beide erweisen sich als angenehme Überraschungen: unprätentiös, gut besucht von Einheimischen, mit ehrlicher Küche. Die Qualität, die Italien abseits der touristischen Zentren bietet, überrascht uns immer wieder – im besten Sinne.
Lucca zum Abschied
Am letzten Tag unserer Toskanarundreise besuchen wir Lucca. Wir parken im Parcheggio Palatucci, nur wenige Gehminuten von der Altstadt entfernt. Hinter den gut erhaltenen Stadtmauern verbirgt sich ein schöner, kompakter Stadtkern mit historischen Gebäuden, Kirchen, kleinen Läden, Restaurants und Cafés – charmant, aber unaufgeregt.
Wir spazieren ein Stück auf der breiten Stadtmauer, schlendern dann durch die Gassen und gelangen zur Piazza dell’Anfiteatro. Ihre ovale Form erinnert noch heute an das römische Erbe. Dort entdecken wir das L’Angolo Tondo – ein Restaurant mit überraschend guter Küche und Service. Gerade an so stark frequentierten Touristen-Orten ist das selten – umso schöner, wenn es gelingt.
Fazit unserer Toskanarundreise: viermal anders
Unsere Rundreise durch die Toskana hat uns vier sehr unterschiedliche Regionen nähergebracht – jede mit eigenem Charakter.
Im Chianti fanden wir einen idealen Einstieg: eine landschaftlich reizvolle Gegend, ein überzeugendes Hotel und die erste Biketour, die uns durch kleine Ortschaften und über typische Schotterstrassen führte. Es war genau das, was wir uns von dieser Reise erhofft hatten.
Das Val d’Orcia zeigte sich offen, weit und in seiner klassischen Form fast schon klischeehaft schön. Gleichzeitig mussten wir hier unsere enttäuschendste Hotelerfahrung machen. Positiv in Erinnerung bleiben die abwechslungsreichen Biketouren sowie die Piazza Matteotti in San Casciano del Bagni.
Die Maremma hinterliess ein gemischtes Bild. Die Strecke über den Monte Amiata war landschaftlich eindrucksvoll, das Hotel L’Andana hingegen blieb hinter unseren Erwartungen zurück. Die Region punktete mit spannenden Ausflügen – etwa ins Feuchtgebiet Diaccia Botrona oder entlang der Küste von Monte Argentario.
In der Lucchesia, unserer letzten Station, fanden wir einen versöhnlichen Abschluss. Die Villa Casanova war in jeder Hinsicht eine erfreuliche Erfahrung – ein schönes, ruhiges Hotel mit aufmerksamem Service. Der Besuch von Lucca bildete einen stimmigen Schlusspunkt: historisch, gepflegt, angenehm überschaubar. Gar nicht gefallen haben uns dagegen die stark kommerzialisierten Strandabschnitte bei Viareggio und Forte dei Marmi. Der Zugang zum Meer war weitgehend eingeschränkt, die Atmosphäre wenig einladend – für uns kein Ziel mit Wiederholungsfaktor.
Die Biketouren waren ein zentrales Element dieser Reise – sie haben uns Landschaften nähergebracht, die man im Auto kaum wahrnimmt, und uns immer wieder mit kleinen Entdeckungen belohnt. Die Toskana hat sich uns nicht als makelloses Postkartenbild präsentiert, sondern als vielseitige Region mit Ecken, Reizen und Widersprüchen.
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